„Heute ist für uns ein ganz besonderer Tag der Freude nach einer langen Zeit voller Arbeit, Anstrengungen, Gedanken und Ideen“, mit diesen Worten drückte Anne Kaiser, Vorstandsmitglied des Backesvereins Nierendorf das aus, was wohl jeder in Nierendorf am Samstag fühlte. Nach gut zweijähriger Bauzeit wurde das neue Backhaus der Gemeinde Grafschaft neben dem Feuerwehrgerätehaus in Nierendorf offiziell eingeweiht.

Aus diesem Anlass waren die beiden Öfen natürlich nach Kräften von den beiden Backesmeistem Paul Raven und Manfred Bell angefeuert worden, und das fleißige Bäckerteam bereitete unzählige Brote und Flammenkuchen zu, an denen sich die Besucher den ganzen Tag lang gütlich taten. Man sah es jedem einzelnen Besucher an: Das schmeckte richtig gut und machte dazu auch noch unheimlich viel Spaß, in geselliger Runde eine noch ofenwarme Stulle zu verdrücken. „Ich gratuliere Nierendorf und seinen Bürgern zu diesem gelungenen Projekt“, lobte Landrat Dr. Jürgen Pföhler in seinem Grußwort das unglaubliche Engagement der 122 Mitglieder um den Vereinsvorsitzenden Reiner Ackermann und seinen Stellvertreter Günter Bach.

Pföhler erinnerte daran, dass die Errichtung eines Dorfbackes eines der Gemeindekernziele im Dorferneuerungskonzept von Nierendorf gewesen sei. Allerdings sei ein Backes ein Novum in der Grafschaft, und das hübsche Gebäude sei beileibe nicht nur zur Pflege der alten Brotbackkunst errichtet worden. Der Bau des Backhauses diene in besonderem Maße der Pflege und Förderung der dörflichen Gemeinschaft, denn Brotbacken und zünftige Feste führten die Menschen zusammen. Genauso wichtig sei es aber auch, der jungen Generation das Wissen um die Zubereitung von Backwaren zu vermitteln. Somit gehe vom Backesverein nicht nur ein wichtiger Impuls zur Wiederbelebung der alten Backeskultur aus, sondern er vermittle auch wichtige Werte wie Zusammengehörigkeit und Gemeinschaftssinn im Ort. Und genau das sei es, was der Kreis mit seinen Förderprogrammen unterstützen wolle. Darum freue es ihn ganz besonders, dass der Kreis zu den Gesamtkosten von 120.000 Euro immerhin 5.000 Euro aus dem Programm „Ländlicher Raum“ und weitere 2.000 Euro aus dem Vereinsförderprogramm zum Einbau der beiden Backöfen habe beisteuern können. Darüber hinaus sei der Backesverein 2012 einstimmig der Sonderpreis Ländlicher Raum verliehen worden, der mit 2.500 Euro dotiert ist. Aber ohne die Unterstützung der Sponsoren wäre dies alles nicht möglich gewesen“, wusste der Landrat. Deshalb gelte sein Dank auch den heimischen Unternehmen, die sich in vielfältiger Art und Weise in das Projekt eingebracht hätten. Ein sehenswertes Kunstwerk von Friedhelm Pankowski mit drei Dutzend Backesbrötchen aus getriebenem Kupfer zeugten von der Wertschätzung, die der Verein diesen Unterstützem entgegenbringe. Nicht zuletzt werde mit diesem großen bürgerschaftlichen Engagement auch die Wertschätzung der Bürger für Dorf dokumentiert.

Bürgermeister Achim Juchem durfte als eines der ersten Mitglieder des Backesverein natürlich ebenfalls bei der stimmungsvollen Feier nicht fehlen, zumal die Gemeinde Grafschaft mit einem Zuschuss von 15.000 Euro zum Gelingen beigetragen hatte. Er erinnerte in seinem Grußwort an Martin Luther Kings Ausspruch: „Ich hatte einen Traum!“, den hätten auch die Nierendorfer gehabt – und letztlich in die Tat umgesetzt. Der Erfolg sei der freiwilligen Leistung zahlreicher Menschen zu verdanken, die ihre Freizeit und ihre Arbeitskraft für das Projekt geopfert hätten.

Bei 310 Arbeitseinsätzen hätten die Helfer nicht weniger als 2703 Stunden unentgeltlich auf der Baustelle gearbeitet, blickte Günter Bach, „die Seele des Backes“, zurück. Schon 1999 sei die Idee dazu geboren worden, doch erst 2010 habe man den Backesver-ein gegründet. Ursprünglich stand Gerold Schürger an der Spitze, der auch die ersten Pläne gezeichnet hatte. Im April 2012 erfolgte der Spatenstich und im Dezember 2013 das Richtfest. Dank der Unterstützung von 36 Sponsoren habe man gut die Hälfte der Kosten abdecken können für den Backes mit zwei Räumen, einer Toilette und Satteldach. Bei den Arbeiten habe sich Hans-Peter Moog besonders fleißig eingebracht, er sei praktisch Tag und Nacht auf der Baustelle gewesen. „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“, sei getreu Friedrich Wilhelm Raiffeisen das Motto gewesen, wenn gleich ein Dutzend Helfer angerückt seien, um die anfallenden Arbeiten anzupacken. Ohnehin gehe es bei dem Projekt nicht um das Brotbacken an sich, sondern um die Verfestigung der Dorfgemeinschaft.

Für den göttlichen Segen sorgten Pfarrer Alexander Burg und Pastor Dr. Thomas Rheindorf, der schmunzelnd feststellte: „Den Backes braucht niemand – zum satt werden.“ Er erinnerte daran, dass Wasser, Brot und Wein zu den wichtigsten christlichen Symbolen zählten und hoffte, dass der Backes zum Sauerteig für das Dorf werden könne. Conny Staden gab seinen „Backes-Blues“ zum Besten, und der Bölinger Liederkranz erfreute die Zuhörer mit schönen Liedern.